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Der Bittner-Bäcker aus Glatz in Schlesien
Erinnerungen an meine Kindheit von:
Manfred Bittner Elektromeister
Sohn des Bäckermeisters Gerhard Bittner
Enkel des Bäckermeisters Paul Bittner
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Es ist der 10. Dezember 2015, da feiert Bernhard Niermann seinen 71. Geburtstag
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Meine Frau Katharina und ich sitzen mitten im Kreis fast aller noch lebenden Niermanns. Wir haben das Rad der Zeit um fast 70 Jahre zurückgedreht und erzählen aus Kindertagen. Weisst du noch, kennst du noch und so weiter ... Es ist eine Stimmung, wie unter Kindern am Heiligen Abend.
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Auf dem Foto sehen wir den Busch, in dem wir eine Freiheit hatten, die es heute kaum noch gibt. Ohne Termine und ohne hierhin und dahin gefahren werden müssen und ohne einen Haufen gekauftes Spielzeug.
“ Zum Abendbrot seit ihr im Haus “, hiess es kurzum und niemand fragte danach, ob etwa jemand vom Baum gefallen oder im Aubach ertrunken war. - Hier konnten wir uns zu kreativen Menschen entwickeln.
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Schon immer hegte ich den Wunsch, noch einmal bei Niermanns die alten Zeiten im Geiste Revue passieren zu lassen.
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Es war im vergangenen Sommer beim Grillabend unseres Heimatvereins im Pfarrgarten, als ich durch die Buschtrommel erfuhr, dass sich Niermanns auf meinen Internetseiten entdeckt hatten und Kontakt suchten. Kurzum rief ich Alfons Niermann, den ich als ersten im Telefonbuch fand an.
Nachdem sofort klar war, dass alle die im Sandkasten miteinander gespielt haben per du sind, ergab sich ein langes Telefonat. Hier muss ich erwähnen, dass Alfons damals gerade geboren war und mich nicht kannte. Wir vereinbarten, dass wir uns einmal treffen wollten und ich mich dazu melde.
Inzwischen war es Dezember geworden, als mich meine Frau daran erinnerte, das ich Alfons Niermann noch anrufen wollte. Also rief ich an. Alfons war nicht im Haus und ich erklärte seiner Frau den Zweck meines Anrufs. Ich solle doch gegen 13:00 Uhr wieder anrufen. Gesagt - getan.
Alfons hatte schon alles geregelt: “Kommt am Donnerstag um 19:00 Uhr, dann sind alle da - Bernhard hat Geburtstag.” Ich sage: Perfekt - wir kommen, also bis Donnerstag.”
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So sitzen wir nach 65 Jahren zusammen und erzählen aus alten Zeiten, vier Stunden am Stück, ohne Punkt und Komma.
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Es war der 6. März 1950 - Mutters 35. Geburtstag. Stocks Hermann aus Hagen war mit seinem klapprigen LKW, der irgendwie den Krieg überlebt hatte gekommen, um uns und unsere Habseligkeiten nach Hagen zu bringen.
Während wir unsere Sachen auf den Wagen luden, hatte Frau Niermann in ihrer Küche den Tisch gedeckt und lud uns zum Frühstück ein . Für die Erwachsenen hatte Mutter Niermann richtigen Bohnenkaffee, den es sonst besten falls nur Sonntags gab gekocht. Es gab Bauernstuten mit guter Butter und Plockwurst. So sassen wir ein letztes mal bei Niermanns am Tisch. Das erste mal war es fast genau 4 Jahre zuvor.
Schliesslich verabschiedeten wir uns und stiegen ein. Meine Mutter und Wolfgang vorn ins Fahrerhaus, ich bei leicht regnerischem Wetter an Fang März hinten auf die offene Ladefläche inmitten unserer Habe.
Der Weg vom Wohlgefallen hoch zur Landstrasse war damals weder asphaltiert noch befestigt. Es war im wahrsten Sinne des Wortes der “Grüne Weg”. Dann fuhren wir los: Gute 20 Meter - dann ging nichts mehr. Auf dem nassen Gras drehten die Räder in der Steigung durch. Auch das Unterlegen von Stroh und Reisig half nicht. Hier muss ich anfügen, dass alle vier Hinterreifen kein Profil hatten. Sie waren völlig abgefahren, so dass rundum die Leinwand zu sehen war.
Weit und breit gab es kein Telefon. Also ging jemand zum Bauern Meyer zu Allendorf und kam postwendend mit dem Altknecht und zwei kräftigen Pferden zurück. Die beiden Kaltblüter zogen die Fuhre ganz souverän den Grünen Weg hoch zur Landstrasse.
Hier muss ich erwähnen, dass Pferdevorspann und restlos abgefahrenen Reifen damals landauf, landab an der Tagesordnung waren. Erst nach und nach gab es wieder Reifen zu kaufen und lange Jahre wurde über Restprofil diskutiert. Irgendwann wurden auch die LKWs stärker und kamen ohne Vorspann aus.
Die Fahrt ging über Wellendorf und Dröper nach Hagen. Hier musste ich mich von meinen geliebten Holzschuhen verabschieden und Schuhe mit Schuhsenkeln tragen. Wie lästig doch, dieses ewige Auf- und zuschnüren, hatten wir Kinder es vorher doch praktischer.
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Der Busch war unser Paradies
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Wir bauten im lehmigen Waldboden unterirdisch tiefe Gänge, die wir Bunker nannten. Dazu gehörte auch immer eine Feuerstelle, auf der wir Kartoffeln kochten oder rösteten. Oder wir spielten an der Quelle und bauten Dämme, die jedes mal brachen. Oder wir sassen hoch oben in den Baumkronen und hangelten uns von Baum zu Baum.
Eine Buche am Südrand, der Sonne zugewannt, war unser Abort. Jeder hatte seine eigene Astgabel. Hier konnten wir während des Geschäftes unsere nächsten Vorhaben besprechen. Später las ich, dass antike Hochkulturen bereits über derartige Einrichtungen verfügten, wo während der “ Geschäftszeit “ Politik und Geschäfte gemacht wurden. Der eigentliche Unterschied zu den Römischen Latrinen war der: In Rom wurde wassergespült, bei uns luftgekühlt.
Fallschirm war ein beliebtes Spiel, welches wir von unseren um einige Jahre den älteren Jungs übernommen hatten.
Wir kletterten in eine Buche und hangelten uns an einem Ast immer weiter nach aussen, bis dieser sich möglichst weit nach unten neigte. Den letzten Rest liessen wir uns fallen.
Mit der Zeit wählten wir immer höhere Äste. Irgendwann brach auch mal der Ast ab und wir sausten mit diesem nach unten.
Das war “Fallschirm.”
Schlimmsten Falls aber blieben wir mit dem Ast auf halber Höhe hängen. Dann blieb uns nur der kontrollierte Absprung auf den verhältnismässig weichen Waldboden.
Wichtig war nur, dass man sich von den nicht ausbleibenden Verrenkungen etwas anmerken liess.
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Wenn wir heute einen Kletterwald sehen, so haben wir für diesen nur ein müdes Lächeln übrig und stellen allenthalben fest, dass die German-Angst zum deutschen Markenzeichen geworden ist.
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Gisela, Bernhards Frau hat ein köstliches Abendessen bereitet.
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Wir lassen es uns gut schmecken, während die Unterhaltung auf vollen Touren weiter läuft. Jemand fragt: Kennt ihr noch Schwester Oda? - Alle: “ Ja “ - Ist die wohl im Himmel? Ja sicher ist Schwester Oda jetzt im Himmel. Sie hat dort ein Einzelzimmer und nichtsmehr zu sagen!
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Unsere Schule in Allendorf,
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damals hatte sie nur einen Klassenraum und gehörte natürlich auch zum Gesprächsthema des Abends.
Fräulein Elisabeth Hanses unterrichtete damals die unteren und Lehrer Paul Buschke die oberen Jahrgänge. Woche um Woche wechselte der Unterricht von Vormittag auf Nachmittag. Und wir hatten noch einen Schulweg, keinen Bus sondern einen richtigen Schulweg. Was wir da so erlebt haben ...
“Hä gie wäh drömmelt, oder möi gie nausitten” war dann die Frage und wehe es “kläffkete” jemand.
Im Winter ging es durch hohen Schnee in Holzschuhen zur Schule. Auf den Feldern entlang der Strasse waren Schneefangzäune aufgestellt. Ja, wir hatten damals noch richtige Sommer mit schweren Gewittern und Winter mit Frost und hohem Schnee.
Ich könnte ein Buch über die Erlebnisse in unserer Kindheit schreiben, eine Zeit, in der wir den Begriff Langeweile nicht kannten.
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Wir bedanken uns bei allen Niermanns für diesen harmonischen Abend.
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Zu Schluss noch ein Foto von Borgloh im August 2015
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